Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors Jens Rethwisch
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Die Haut des Unterwasserschiffes habe ich aus LKW-Plane gefertigt. Ich habe die Plane auf das umgedrehte Bootsgerüst gelegt und dann zugeschnitten. Herausgekommen ist dabei ein großes ellipsenförmiges Stück für den unteren Rumpfbereich sowie zwei Streifen für die Seitenwände. Meine Methode finde ich im Nachhinein aber eher schlecht - ich habe die Krümmung der Bootswände nicht optimal getroffen, und nun schlägt die Haut im Bereich des Bugs leider unschöne Falten.
Wolfgang Bion beschreibt auf seiner Website, daß er sein Bootsgerüst mit Stretchfolie eingewickelt und anschließend einen Hautrohling aus Zeitungspapier gefertigt hat. Das geht ganz einfach: Man schmiert die Stretchfolie mit Tapetenkleister ein und beklebt das ganze Boot dann mit mehreren Lagen Zeitungspapier, das man immer wieder neu einkleistert. Nachdem der Hautrohling getrocknet ist, zerschneidet man ihn vorsichtig und trennt Deck- und Rumpfhaut. Dann zerschneidet man die Rumpfhaut so, daß sie sich flach auf den Boden legen läßt. Optimal ist es natürlich, wenn es so wenig Stücke wie nötig werden. So erhält man ein sehr gutes Schnittmuster für die Haut. Allerdings muß man an den Seitenteilen unbedingt am oberen Rand eine Saumzugabe für das spätere Vernähen stehenlassen.
Wenn ich noch einmal ein Boot bauen sollte, so würde ich diese Methode wählen. Wolfgang schreibt allerdings auch, daß er diese Methode NICHT noch einmal verwenden würde. Aber vielleicht interviewt ihr ihn deswegen besser selbst.
Das Zusammennähen der Hautteile habe ich dann mit einer uralten elektrischen Haushaltsnähmaschine vorgenommen. PVC-Plane ist nicht so dick und stabil, daß eine normale Nähmaschine daran scheitert. Allerdings muß ich zugeben, daß meine Maschine nach all dem Nähen mittlerweile einige Macken hat und sich feine Stoffe nicht mehr problemlos nähen lassen - also besser eine billige Maschine vom Flohmarkt verwenden und nicht Muttis sauteure computergesteuerte Maschine.
Ich habe die jeweiligen Hautteile auf Stoß zusammengeschoben und dann mit einem Zick-Zack-Stich vernäht. Dabei sticht die Nadel dann mit dem 1. Stich in das linke Hautstück (Zick) und mit dem zweiten Stich in das rechte Hautstück (Zack). Diese Naht ist nicht sehr belastbar, sie dient lediglich zum fixieren der Planenteile. Die wirkliche stabile Verbindung erfolgt über die aufgeklebten Kielstreifen. Innen habe ich ebenfalls schmale Streifen aufgeklebt - nächstes Mal würde ich hierfür ganz dünne Teichfolie nehmen. Diese Streifen sollen lediglich die Naht vor dem Scheuern des Gerüsts schützen.
Alle weiteren Kielstreifen und Verstärkungen habe ich erst nach dem
Vernähen von Ober- und Unterhaut am komplett aufgebauten Boot
angebracht. Zum einen verträgt es nicht jede Nähmaschine, durch 3 und 4
Lagen PVC und Polyester zu nähen, zum anderen möchte ich in Zukunft auch
die Kielstreifen wieder ohne Probleme ablösen können, was aber nicht
funktioniert, wenn diese mit der Oberhaut vernäht sind.
Als Klebstoff habe ich Pattex transparent oder Uhu Alleskleber Kraft transparent verwendet. Zuerst habe ich die aufzuklebenden Teile auf die genähte Bootshaut gelegt und in Position gebracht. Damit sie nicht ständig verrutschen, habe ich sie mit einigen Streifen Tesa Krepp fixiert. Der Klebstoff muß beidseitig aufgetragen werden. Da er unschöne und unsaubere Kanten hinterlassen kann, habe ich die Flächen, die mit Klebstoff bestrichen werden sollen, am Rand sauber abgeklebt. Einen Spielraum von 1 - 2 Milimeter sollte man dabei aber zugeben.
LKW-Plane ist sehr glatt und mit einer Oberflächenversiegelung behandelt, die vor dem Kleben entfernt werden muß. Zudem muß die Oberfläche etwas aufgerauht werden, damit der Kleber eine bessere Verbindung mit der Plane eingehen kann. Am einfachsten geht dies, in dem man die Klebeflächen mit einem Aceton-getränkten Lappen abreibt. Man sieht schnell, dass der Glanz des PVC verschwindet und die Oberfläche stumpf wird. Man liest zwar in Internetforen und auf Bastelseiten häufig Bedenken gegen die Aceton-Methode. Angeblich würde das Aceton PVC zerstören. Das ist richtig - aber es kommt auf die Menge an. Die Plane soll schließlich nicht in Aceton getränkt werden, es soll lediglich die Oberfläche aufgerauht werden. Das Aceton bewirkt im Prinzip nichts anderes, als wenn man die Plane oberflächlich mit Schmirgelpapier anschleifen würde. Wenn das Aceton schließlich verdampft ist, kann es auch nicht weiter die Bootshaut angreifen.
Der Klebstoff wird ungefähr in einem Mischungsverhältnis von 1 : 1 mit
Aceton verdünnt und mit einem Pinsel beidseitig auf die Klebeflächen
aufgetragen. Durch die Verdünnung läßt er sich besser streichen und
kriecht tiefer in die rauhe Oberflächenstruktur, wodurch eine stärkere
Verbindung zwischen PVC und Kleber erzielt wird. Anschließend läßt man
den Kleber vollständig abtrocknen, d. h. mindestens 15 Minuten. Diese
Arbeiten sollte man unbedingt im Freien vornehmen. Anschließend legt man die aufzuklebenden Stücke passgenau in Position.
Mit einer einfachen Heißluftpistole läßt sich der Kleber nun
reaktivieren. Mit einem möglichst glatten fusselfreien Lappen werden die
Werkstücke nun zusammengepresst. Dabei sollte man mit dem Lappen eher
reiben als nur pressen - wenn das PVC zu weich geworden ist, presst man
schnell die Webstruktur des Lappens in die weiche Plane. Überhaupt muß
man mit der Heißluftpistole vorsichtig sein. Wenn man die Plane
zu lang erhitzt, dann verbrennt diese schnell und die Oberfläche beginnt Blasen zu
werfen. Man sollte die Plane lieber mehrfach erhitzen und stark
pressen, als die Plane zu stark zu erhitzen. Für die Klebewirkung ist
hauptsächlich der Druck verantwortlich. Bilden sich zwischen den
Werkstücken Gasblasen, so massiert man diese vorsichtig zum Rand hin
unter der Plane heraus. Hier macht Übung den Meister. Es empfiehlt sich,
zuvor mit Reststücken etwas zu üben, bevor man sich an die Bootshaut
wagt. Unter dem Einfluß von Hitze und Druck verbinden sich die beiden mit
Klebstoff bestichenen Flächen so stark, dass es beim Versuch, die
Verbindung wieder zu Lösen zu Gewebeschäden kommt. Unter Zuhilfenahme
der Heißluftpistole lässt sich aber eine solche Verbindung vorsichtig wieder
lösen.
Die zusammengenähte und von innen mit schmalen Streifen verklebte Unterhaut wird auf Links gedreht (das Innere nach aussen) und über das Bootsgerüst geworfen. Dann werden in die Saumzugabe Löcher gestanzt- Am einfachsten geht das mnit einer Lochzange. Der Abstand der Löcher sollte bei ungefähr 10 cm liegen. Dann knotet man an einem der Löcher am Bug eine dünne Schnur an, z. B. eine Maurerschnur aus dem Baumarkt, und fädelt diese im Zick-Zack durch die Löcher, bis man am Bootsheck angekommen ist. Dann beginnt man am Bug, die Spannung auf der Schnur etwas zu erhöhen. So arbeitet man sich bis zum Heck durch. Die Unterhaut sollte jetzt schon recht straff am Gerüst anliegen. Trotzdem fängt man noch einmal am Bug an und strafft die Schnur weiter. Man kann zur Unterstützung auch mal am Saumrand ziehen, um die Haut in die optimale Passform zu bringen. Mit einem Stück Wachskreide markiert man schließlich die Oberkante der Bootswand, dort, wo Unter- und Oberhaut miteinander vernäht werden sollen.
Ist die Nahtlinie markiert,
kann man die Schnur entfernen und die Bootshaut vom Gerüst nehmen. Bevor
man nun beginnt, Ober- und Unterhaut zusammenzunähen, sollte man diese
mit Stecknadeln zusammenheften. Ich habe allerdings schlußendlich
einfach zum Bürotacker gegriffen und beide Hälften zusammengetackert.
Dabei habe ich aber die Klammern nicht direkt auf die Nahtlinie gesetzt,
sondern etwa 1 - 2 cm weiter außerhalb in der Saumzugabe.
Beim Zusammenfügen muß man unbedingt darauf achten, daß beide Hälften
auf Links gedreht sind, dass also die Innenseiten nach außen zeigen. Nach dem
Vernähen wird die vollständige Bootshaut umgekrempelt, die Naht liegt
dann im Inneren das Bootes.
Mit dem Zusammentackern habe ich am Bug des Bootes begonnen. Hier muß
darauf geachtet werden, dass die Bugspitze sauber ausgeformt wird.
Danach habe ich das Heck zusammengetackert. Sollten die aufgezeichneten
Nahtlinien trotz aller Mühe um Genauigkeit doch etwas unterschiedlich in
der Länge sein, so hat man im Verlauf der Seitennähte etwas Spielraum,
um diesen Fehler auszugleichen.
Anschließend wird genäht. Ich habe dazu einen Tisch quer in den Raum
gestellt, damit ich Platz hatte. Es ist nicht einfach, eine 4 Meter
lange steife und sperrige Bootshaut zu nähen. Zudem solle man nach 20 cm
oder 30 cm Naht die Bootshaut wieder ein Stück über den Tisch heben.
Zweckmässig ist auch eine helfende Hand, die vorsichtig die Haut führt,
aber keinesfalls daran zieht.
Man beginnt zweckmäßigerweise am Bug und arbeitet sich Stück für Stück
bis zum Heck durch. Dann näht man die andere Naht vom Heck zum Bug
durch. Wenn das PVC auf dem Nähmaschinenboden nicht recht rutschen will,
kann man diesen mit etwas Maschinenöl gleitfähig machen. Man näht die
Naht zuerst nur einfach.
Nachdem Ober- und Unterhaut miteinander vernäht sind, krempelt man die
Haut auf rechts und setzt vorsichtig das Gerüst ein. Wahrscheinlich wird
es nicht überall richtig passen. Wenn die Haut noch zu weit für das
Gerüst ist, so ist dies kein Beinbruch. Man näht die entsprechenden
Stellen einfach noch einmal enger nach. Schlechter ist es, wenn die Haut
zu eng ist, weil man dann alle Nähte wieder öffnen muß. Wichtig ist,
dass man beim Anpassen der Haut das Totholz nicht vergisst.
Sitzt die Haut schließlich so gut, dass man mit dem Ergebnis zufrieden
ist, näht man die endgültige Naht noch zwei mal nach. Dann wird der Saum
auf eine Breite von etwa 2 cm Breite eingekürzt und mit einem
Zick-Zack-Stich umkettelt, so dass der Rand des Polyestergewebes nicht
ausfransen kann. Die Naht sollte vorher zwischen PVC und
Polyester ganz dünn mit Silikon oder Nahtdichter ausgespritzt werden, damit
sie wasserdicht wird. Dann muß man aber mit dem umketteln der Naht
warten, bis die Dichtungsmasse ausgetrocknet ist.
Im Bug und im Heck kann es etwas kniffelig sein, die Nähte fehlerfrei
mit der Nähmaschine zu nähen. Ich habe, da der Stoff hier insgesamt auch
sehr dick war, eine Handnähahle verwendet.
Nach den ersten Fahrten mit meinem Boot war ich recht enttäuscht über die mangelnde Robustheit der LKW-Plane. Insbesondere das Rutschen über Steine in Wasser hatte teils sehr große Löcher hinterlassen. Auffällig war auch, daß im Bereich der Kielstreifen die Löcher nicht durchgeschlagen haben. Ich habe dann nach meiner dreiwöchigen Tour entlang der schwedischen Schärenküste beschlossen, den unteren Rumpfbereich zu doppeln. An den Seitenwänden war während der gesamten Reise nicht ein einziges Loch aufgetreten. Daher halte ich es nicht für nötig, diese ebenfalls zu doppeln. Zusätzlich zur Doppelung des Bodens habe ich auch Streifen zwischen Boden- Seitenwandteilen aufgeklebt sowie über den Kiel eben jenen Streifen, der dementsprechend auch Kielstreifen genannt wird. Der Rumpfboden ist ebenfalls verstärkt, hier ist das PVC sogar vierlagig - ich nenne das Ganze spaßeshalber "Rammkappe". Mit dieser zusätzlich armierten Haut habe ich bisher sehr gute Erfahrungen gesammelt. Natürlich schlägt sich die Doppelung der Bootshaut im Gewicht nieder, aber die Stabilität war mir wichtiger.
Als ich mir die zusätzliche PVC-Plane für die Doppelung beim Autosattler besorgt habe, mußte ich feststellen, daß ich nun eine andere Qualität in den Händen hielt. Die Plane war noch etwas glatter und scheuerbeständiger. Es lohnt sich daher, verschiedene Sattler aufzusuchen und sich Musterstücke zum Qualitätsvergleich zu besorgen.
Ein weiteres Problem trat in den Schären durch das Anlanden an Felsenküsten auf. Nach dem Aussteigen habe ich das Boot meist am Bug hochgehoben und an Land gezogen. Dadurch lag das Heck mit dem Kiel auf den Felsen auf und die Haut wurde dabei durch 3 Lagen PVC hindurch auf einer Länge von 30 cm komplett durchgescheuert. Das läßt sich nur durch sorgsamen Umgang mit dem Boot vermeiden. Evtl. ist es unter solchen Bedingngen sinnvoll ein Stück Teppich o. ä. mitzunehmen, das man als Schoner zuvor auf den Fels legt. Wie dem auch sei, ich habe quasi als Experiment im Heckbereich den Kielstreifen mittig mit einem Streifen aus starkem Cordura unterlegt. Das Cordura ließ sich wie PVC mit Pattex aufkleben. Der Kielstreifen überlappt recht und links, so dass eine stabile Verbindung mit der Haut gegeben ist. Ob dieser Streifen nur dazu dient, mein Gewissen zu beruhigen oder ob er wirklich eine Funktion hat, wird die Zukunft zeigen.
Nachdem alles paßt und nichts weiter nachgearbeitet werden muß, kann man das Totholz einkleben. Ich habe dazu das Totholz an den Seiten mit PVC bespannt, das ich mit kleinen Flachkopfnägeln angenagelt habe. Anschließend habe ich die PVC-Flächen mit Pattex bestrichen und trocknen lassen. Die entsprechenden Stellen im Heck der Haut habe ich dann ebenfalls mit Pattex bestrichen. Nach dem Trocknen habe ich das Gerüst komplett mit Totholz eingesetzt und die Haut sauber verschlossen. Mit der Heißluftpistole habe ich dann den Kleber reaktiviert und mit einem Lappen die Bootshaut gegen das Totholz gepresst - fertig!