Kajak Faltboot - Skin-on-Frame

Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors Jens Rethwisch

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Boot ausrüsten

Der Sitz

Ursprünglich hatte ich als Sitz die Sperrholzsitzfläche eines Stuhls eingebaut, den ich mir in einer Schule "ausgeliehen" habe. Leider hat er nur das zerlegte Boot sperrig gemacht, und er war ausserdem war zu hart und ich saß zu tief. Manche Paddler verzichten komplett auf einen Sitz und nehmen einen sorgfältig gepackten wasserdichten Packsack. In der Praxis hat sich aber mein Hintern als zu zart besaitet erwiesen - und es ist wirklich nicht angenehm, wenn einem zwischen zwei Inselchen plötzlich die Arschbacken einschlafen.

Mittlerweile habe ich mir von der Firma "Crazy Creek" einen einfachen Faltsitz besorgt und etwas umgeschneidert. Er wird nun mit zwei Blitzverschlüssen an der Bodenleiter befestigt. Damit habe ich bei Pausen oder abends im Camp auch gleich eine Sitzgelegenheit parat. Darunter liegt mein zusammengeklappter Bootswagen. Zum einen komme ich dann auf eine vernünftige Sitzhöhe, in der ich das Paddel kraftvoll führen kann, zum anderen ist der Wagen bei nötigen Landpassagen schnell griffbereit. Achse und Räder liegen dann gleich hinter dem Sitz.

Die Spritzdecke

Zu einem Kajak gehört auch eine Spritzdecke, die überkommendes Wasser und Regen abhalten soll. Ich wollte gerne eine textile und wenn möglich "atmungsaktive" Spritzdecke haben. In einem Army-Shop habe ich dann für 16 Euro eine olivgrüne Bundeswehr-Regenhose mit Gore-Tex-Ausstattung gekauft.

Von der Kajakluke habe ich dann die Form auf Pappe übertragen und erst einmal ein Muster aus einem alten Bettlaken gefertigt. Als Saum dient bei der fertigen Spritzdecke ein Kanal aus Cordura-Reststückem, in dem ein starkes Gummiband (Seglerbedarf) verläuft. Der Schacht der Spritzdecke läßt sich mit einer Gummischnur und einem Schnurstopper enger ziehen. Die Nähte der Spritzdecke habe ich mit Nahtdichter versiegelt.

Leider ist der Stoff trotz Gore-Tex nicht wasserdicht - wahrscheinlich wurde die Hose vor der Ausmusterung mal gekocht. Wer weiß...

Spitzenbeutel und Luftschläuche

Um zu verhindern, dass das Boot bei einer Kenterung voll Wasser läuft, hatte ich mir Spitzenbeutel besorgt. Diese werden in Bug und Heck geschoben und der Bequemlichkeit halber über einen Schlauch mit Luft aufgepustet. Spitzenbeutel lohnen sich aber meiner Meinung nach nur, wenn man mit einem fast leeren Boot fährt. Auf Gepäcktouren nehmen sie zu viel Platz weg. Allerdings übernimmt hierbei das Gepäck die Aufgabe der Wasserverdrängung.

Da ich trotzdem etwas mehr Sicherheit durch zusätzlichen Auftrieb haben wollte, habe ich mir dann 3 m lange Seitenschläuche gekauft, die ich einfach zwischen Bootshaut und Gerüst klemme. Ich pumpe sie auch nicht ganz straff auf, schließlich sollen sie nur im Notfall für Auftrieb sorgen. Ich bin sehr zufrieden mit dieser Lösung, da durch die Verwendung von Luftschläuchen praktisch kein Stauraum verloren geht.

Sonstiges Zubehör

Zum Paddeln braucht man ein Paddel. Da ich endlich aufs Wasser und nicht weiter in der Werkstatt basteln wollte, habe ich mir ganz einfach eines gekauft. Dabei habe ich den Paddler-Ratschag befolgt, daß ein Paddel so leicht wie möglich sein sollte, schließlich hält man es den ganzen Tag in den Händen. Ich hatte mir ein preisliches Limit von 100 - 120 Euro gesetzt und mich schließlich für ein Glasfaserpaddel des tschechischen Herstellers Galasport entschieden, und zwar das Modell Classic. Es ist 230 cm lang, 60° rechts gedreht und wunderbar exakt teilbar. Auch bei Kälte liegt es warm in der Hand, es macht keinen Lärm wie manche Alu-Paddel und spritzt fast gar nicht. Trotzdem habe ich noch Spritzringe aufgezogen. Eine einfache Fangleine verhindert den Verlust, falls es mir mal aus den Händen gleitet.

Ein weiteres ganz wichtiges Utensil ist die Schwimmweste. Hierbei habe ich auf ein halbautomatisches aufblasbares Modell der Firma Secumar zurückgegriffen. Kaufentscheidend war für mich, das ich Feststoffwesten als sperrig und unangenehm empfand. Was nützt mir eine Schwimmweste, wenn ich mich nach Möglichkeit davor drücke, sie anzuziehen, wenn sie die meiste Zeit unter Deck liegt? Daher habe ich mich für einen schlanken, flachen, kaum störend zu tragenden Halbautomaten entschieden.

Eine Treidelleine, eine Gewässerkarte, ein Ösfass zum Wasser schöpfen sowie ein Schwamm vervollständigen das Equipment. 

Für das Paddeln in der kalten Jahreszeit habe ich mir mittlerweile einen Trockenanzug zugelegt, aber er ist bisher erst ein einziges Mal zum Einsatz gekommen. Na ja, der nächste Herbst und Winter kommen bestimmt ...

Steuerruder-Anlage und Bootswagen

Eine Ruderanlage und einen Bootswagen habe ich mittlerweile auch selbst gebaut.

Hier die Links zu den Bauanleitungen:

  • Bootswagen
  • Hochklappbare Ruderanlage

Lohnt es sich, ein Boot zu bauen?

Die Antwort ist NEIN

Ich hatte mir anfänglich ein Limit von ungefähr 100,- Euro gesetzt, was der Bau des Faltbootes verschlingen durfte. Teile des Holzes habe ich vom Sperrmüll mitgenommen, Schrauben hatte ich noch in rauen Mengen im Keller liegen, ebenso Cordura-Stoff, Seile, D-Ringe, Gurtmaterial. Dieses Material war von vornherein mit eingeplant und wird im Wert wahrscheinlich noch einmal etwa 100,- Euro ausgemacht haben. Natürlich habe ich dieses Limit gebrochen. Allein die Bootshaut hat mindestens 150,- Euro gekostet: PVC Plane, Markisenstoff, Nähgarn, Saumband, Pattex, Aceton, Pinsel, die man anschließend wegwerfen konnte... Wieviel ich am Ende tatsächlich ausgegeben habe vermag ich nicht zu sagen - ich habe nicht Buch geführt.

Für das Geld, das der Bau verschlungen hat, hätte ich mir aber ohne weiteres ein sehr schönes gebrauchtes Faltboot kaufen können. Über Kleinanzeigeninserate, Ebay, diverse Internet-Foren kann man ohne weiteres Kontakt zu potentiellen Verkäufern aufnehmen. Wenn man sich regional beschränkt, kann man vor dem Kauf meist auch einen Besichtigungstermin vereinbaren. Man bekommt ein fertiges Boot, und mit etwas Zubehör kann man gleich nach dem Kauf in See stechen.

Fast ein Jahr lang lag das halbfertige Boot in meinem Flur. Ich hatte Staub und Sägespäne in in der Küche, im Bad, in Wohn- und Schlafzimmer. Über zwei Monate hat es in meiner Bude nach Farbe gestunken, von Pattex und Aceton möchte ich gar nicht reden. Ständig mußte ich in den Baumarkt und mal dieses, mal jenes benötigte Teil besorgen. Anstatt an einem schönen sonnigen Frühlingsmorgen das Boot zum Wasser zu tragen und eine nette Tour zu unternehmen, bin ich morgens über irgendwelche Gerüstbauteile gestolpert und habe das Wochenende mit dem Konstruieren verbracht; von einem Naturerlebnis keine Spur.

Zudem habe ich mein Boot nicht nach einer fertigen Bauanleitung gebaut, sondern mir alles bis ins kleinste Detail selbst ausgedacht. Das hatte Folgen. Quadratische Senten haben sich als Mist erwiesen, Sperrholzbretter vom Sperrmüll lösten sich bei Wasserkontakt langsam auf, die zuerst verwendete Farbe klebte - obwohl durchgetrocknet - an der LKW-Plane. Und als das Boot endlich fertig war konnte ich gleich damit anfangen, die Hälfte der Gerüstteile noch einmal zu bauen. Schlimmer noch war die Enttäuschung über die mangelnde Stabilität der LKW-Plane. Zwar ist das Boot jetzt in einem durchaus befriedigendem Zustand, alle Mängel sind abgestellt, aber es hat doch Nerven gekostet.

Nein, es lohnt sich wirklich nicht, ein Boot zu bauen. Kaufe dir ein gebrauchtes oder meinetwegen ein neues Boot, fahre hinaus in die Welt und erlebe Abenteuer. Entscheidest du dich trotzdem, ein Boot zu bauen, stelle dich darauf ein, dass du als Sonderling verspottet wirst und bald kaum noch Freunde hast.

Hast du ein Boot, so kannst du das Leben genießen. Baust du ein Boot, so kann es passieren, daß du das Leben verpasst.

Lass es bleiben!

Die Antwort is JA !

Ein Boot selbst zu bauen war für mich einfach eine Herausforderung, der ich mich gerne stellen wollte. Ein neues Boot war mir über viele Jahre immer zu teuer. Dann kam hinzu, daß mir wesentliche Informationen über Faltboote einfach fehlten. Ich hatte keine Ahnung von den verschiedenen Herstellern, den Bootstypen, von Vor- und Nachteilen der Boote, von Fahreigenschaften, Materialien, Funktionsweisen, Gewicht - kurzum von allem.

Allerdings gab es in meinem Kopf eine konkrete Vorstellung von dem, was ich mit so einem Boot anstellen wollte. Die Literatur zum Thema Faltboot ist relativ begrenzt, bei den meisten Büchern handelt es sich um Reiseberichte, meist mit Expeditionscharakter. Und solche expeditionsartigen Reisen wollte ich gerne unternehmen! Aber Bücher über den Bau von solchen Booten sind mir lange Zeit gar nicht in die Finger gekommen. Der maßgebliche Schrittmacher für den Selbstbau eines Bootes war das Internet. Schon bald nachdem ich mir meinen ersten Internet-Zugang besorgt hatte, stieß ich auf das Faltbootforum und konnte mich nun eingehend in die Faltbootmaterie einlesen. Hier entdeckte ich auch Links und Hinweise auf Internetseiten von Menschen, die sich ihre Boote selbst gebaut hatten.

Auf die Idee, ein solches Boot selbst zu bauen bin ich allerdings erst gekommen, nachdem mir Christian Wagner ein paar Fotos von seinem ersten Selbstbauversuch zeigte. Und da dachte ich mir: "Das kann ich auch!"

Mir all die nötigen Informationen anzueignen, erste Entwürfe anzufertigen, Detaillösungen zu erarbeiten, geeignete Materialien zu beschaffen - all das zu einem funktionstüchtigen Ganzen zusammenzufügen, um sich damit anschließend einen langgehegten Traum zu verwirklichen, das ist eine Aufgabe, an der ein Mensch wachsen und reifen kann. Und sich schliesslich an einem schönen Sommertag paddelnd auf einem kleinen Fluß oder in den Schären wiederzufinden - und damit vielleicht auch zu sich selbst zu finden - dafür lohnt es sich, ein Boot selbst zu bauen.

Dieses Gefühl kann einem kein gekauftes Faltboot vermitteln!

Jens

Reine Freude!zoom
Reine Freude!
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