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Schottland - Küsten, Inseln und Hochland

Fahre Links!

Nach einem Flug von dreieinhalb Stunden Dauer landen wir am frühen Nachmittag von Zürich her kommend auf dem Flughafen von Edinburgh. Ich langweile meine Frau wie jedes Mal mit meinem Versuch, einige Bilder zu machen anstatt die eingewickelten Reiseräder sofort auszupacken und vorzubereiten. Einmal mehr ist sie sofort nach der Ankunft bereit zum Losfahren.

Nach dem Verlassen des Flughafens folgen wir dem stark befahrenen Zubringer in die Stadt Edinburgh.
Wir versuchen uns darauf zu konzentrieren, dass wir die nächsten drei Wochen auf der für uns "falschen" Strassenseite - nämlich der linken - radeln werden. Das ist bei starkem Verkehr gar nicht so einfach und kostet uns zu Beginn etliche Nerven. Vor allem Abzweigungen und Kreisel haben es in sich - auch hier wird natürlich für uns "verkehrt herum" gefahren ....

Um fünf Uhr nachmittags fahren wir durch Edinburgh. Offenbar verlassen um diese Zeit alle Leute ihre Büros und fahren hinaus aufs Land. Wegen der permanent erforderlichen Aufmerksamkeit sehen wir mit der Ausnahme von zahlreichen Autos nicht viel von der Stadt. Aber das Verkehrsschild Vorsicht - Ältere Leute beruhigt uns bald. Wie es scheint, erwartet Schottland uns über Fünfzigjährige bereits!

Bald verlassen wir die Stadt und erreichen kleine und ruhige ländliche Strassen. So haben wir uns das vor Antritt der Reise auch vorgestellt. Das Moor erzeugt Torf für die Torffeuer, wie es das bereits seit Hunderten von Jahren tut. Wir wundern uns über den Zweck der zahlreich vorhandenen Viehpferche, an denen wir beim Radeln unter dunklem Himmel und gegen starken Gegenwind vorbeikommen. Die Steinzäune - erzeugt durch kunstvolles Aufschichten der hier offenbar unbegrenzt verfügbaren Felsbrocken - ziehen sich über Meilen hügelauf- und hügelab dahin. Ein genauerer Blick auf Ihren Aufbau lohnt sich immer. Einige davon sind wahre Kunstwerke.

Schafe, soweit man sieht, bevölkern die Landschaft. Hier draussen muss es Millionen davon geben. Zusammenstösse können wir manchmal nur knapp vermeiden, wenn die Tiere völlig überraschend und ganz knapp vor uns über die Strasse rennen. Meistens sieht man ein kurzgeschorenes Muttertier, das von ihrem wolligen Kind begleitet ist. Vorsicht ist vor allem dann geboten, wenn die Strasse Mutter und Kind trennt. Radler können bei den von Autos völlig unbeeindruckten Schafkindern wahre Panikattacken auslösen, die sofortiges Aufsuchen der Mutter ohne jede Vorsicht zur Folge haben. Die Schafhirten treiben die weit über die Hügel verstreuten Tiere wie seit altersher mit Hunden oder aber zeitgemäss mit einem kleinen japanischen Traktor.

Aber nun ist es Zeit, das Tempo zu reduzieren und den Ritt durch diese graue, grüne, schwarze und immer eindrückliche Landschaft zu geniessen. Der Himmel wird dunkel, der Wind bläst immer heftiger und es wird langsam recht kalt. Einige scheue Sonnenstrahlen brechen durch die Wolken und machen das schwarze Wasser eines kleinen Sees glitzern und blinken wie pures Silber. Doch dann wird es langsam Zeit für uns, einen Platz zum Schlafen zu suchen. Camping scheint nicht die Wahl des Tages zu sein. Beim Betreten des Strassenrands oder der angrenzenden Wiesen schmatzt, gurgelt und gluckert das Wasser unter unseren Füssen. Nachdem wir einige Zeit an der Tür dieses verwunschenen Hauses - wir sind einem "Bed & Breakfast" - Schild an der Strasse gefolgt - geklopft und gepoltert haben, öffnet ein adrett gekleidetes Dienstmädchen. Sie sagt uns, dass das Haus geschlossen ist, wir aber wahrscheinlich im nahe gelegenen Schloss eine Unterkunft finden können. Das Schloss Borthwick habe Zimmer und sogar ein Restaurant aufzuweisen und sei sehr zu empfehlen.

Bald erreichen wir dieses historische Gebäude. Nach einer kurzen Diskussion - die Preise in Schloss Borthwick sind mindestens so hoch wie seine beiden Zwillingstürme - beschliessen wir zu bleiben. Wie jedes richtige schottische Schloss hat natürlich auch Borthwick einen Geist. Uns wurde gesagt, der Geist von Borthwick sei ein Dienstmädchen. Auf einmaligen dem Bild am Schluss der Bildergalerie sehen Sie den "Geist von Borthwick Castle" in unserem Bett herumtoben! 

Die Gute-Nacht Geschichte
Aus irgendwelchen Gründen unterliessen es die Erbauer von Borthwick Castle, im Keller des Gebäudes die sonst üblichen Zellen für Gefangene einzubauen. Das ersparte natürlich auch die Arbeit mit den Gefangenen. Um diese Arbeit auf das absolute Minimum zu reduzieren, liessen sich die Schlossherren noch etwas anderes einfallen. Die Gefangenen des Tages wurden vor dem Nachtessen auf einen der beiden Türme geführt. Man band ihnen die Hände auf dem Rücken zusammen und liess sie über den vier Meter breiten Abgrund zum anderen Turm hinüberspringen.Wer es schaffte, wurde freigelassen, wer es nicht schaffte, der machte nachher auch keine Arbeit mehr.

Soviel zur Guten Alten Zeit.

Die heute übliche grossartige Gastfreundschaft und der perfekte Service auf Schloss Borthwick steht jedoch in scharfem Kontrast zu diesen barbarischen Sitten. Ein riesiges Feuer - es ist Mitte Juli - wärmt angenehm unsere unterkühlten Knochen. Dudelsackklänge widerhallen von den alten Mauern. Auch das Nachtessen und nicht zu vergessen die vorzüglichen französischen Weine, die hier kredenzt werden, sind ganz ausgezeichnet.

Der kalte Wind heult um die steinigen Türme des Schlosses. Er erzeugt, zusammen mit dem heftigen Regen, die ganze Nacht unheimliche Geräusche. Ungeachtet dessen geniessen wir den Aufenthalt an diesem trockenen, freundlichen und geschichtsträchtigen Ort ausserordentlich.

Ein Besuch Schottlands ohne eine Schloss-Übernachtung der hier beschriebenen Art ist ganz sicher unvollständig!

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