Schweiz - Wandern - Trail Running Schuh

Röstigrabenroute - Der Sprachgrenze entlang quer durch die Schweiz

Biel - Le Landeron - Murten - Freiburg - Cousimbert

Biel - Magglingen - Twannberg - Twannbachschlucht - Twann - Ligerz - La Neuveville - Le Landeron

Ausgeruht geht es vom Bahnhof in Biel zur Talstation der Seilbahn nach Magglingen. Der Weg ist nicht immer ganz leicht zu finden, aber ich bin trotzdem bereits eine gute Stunde nach dem heutigen Aufbruch oben. Entlang der zahlreichen Sportstätten geht es zum End der Welt. Ab hier geht es wieder bergauf zur Richtung Hohmatt und schliesslich Richtung Twannberg. Die Hochebene bietet schöne Aussichten. Hier oben findet man auch Herden von wohlgenährten Kühen, die friedlich im Gras liegend ihre letzte Mahlzeit wiederkäuen. Vorbei an einm grossen Lavendelfeld komme ich schliesslich auf den Twannberg. Der Weg von dort hinunter nach Les Mopulins und damit zum oberen Ende der Twannbachschlucht ist zu Beginn recht steil und ausgesprochen steinig, was das Bergabgehen ohne Misstritte recht mühsam macht.

Die Twannbachschlucht ist friedlich, der Weg interessant und die üppige Vegetation an den steilen Felswänden beeindruckend. Gerne nutze ich den Kiosk am unteren Ende der Schlucht, um etwas zu trinken. Da ich unterwegs Abfall gesammelt habe - vor allem die zahlreichen Papiertaschentücher und die Zigarettenschachteln am Weg habe mich gestört - wird mir der üblicherweise für den Besuch der Schlucht zu entrichtende Obolus von CHF 2.- erlassen. Herzlichen Dank dafür! Dieser kleine Betrag wird zum Unterhalt des recht aufwendig gesicherten Wegs durch die Schlucht verwendet.

Der nachfolgende Streckenabschnitt führt durch die Rebberge am Nordufer des Sees. Die Ausblicke auf den See und die in der Ferne liegende Alpenkette ist grandios. Ich bin aber auch von der immensen Arbeit beeindruckt, die der Unterhalt der steilen Lagen der Rebberge mit sich bringt. Dem kurzen Besuch der Kirche von Ligerz folgt der etwas eintönigge Weg nach La Neuveville. Der Wanderweg führt hier durch ein grosses Quartier mit Einfamilienäusern und schliesslich steil hinunter in die wirklich sehenswerte, autofreie Altstadt von La Neuveville. Hier erreicht der Wanderweg den See. Der Chemin de la Rive, der Uferweg, folgt diesem auf einer Strecke von nur um die zweihundert Metern, um ihn dann zu verlassen. Zuerst durch ein Industriequartier und dann eingeklemmt zwischen einer hohen Lärmschutzwand auf der einen und hohen blickdichten Hecken auf der anderen Seite geht es auf einer schnurgeraden Teerstrasse die letzten zwei Kilometer dieses Tages bis nach Le Landeron. Es ist offensichtlich, dass es auch hier nicht gelungen ist, den Wanderweg, wie es ein vor über dreissig (!) Jahren anlässlich einer Volksabstimmung angenommenes Gesetz vorsieht, direkt am Seeufer entlang zu führen. Wie an etlichen anderen Seen in der Schweiz besetzen auch hier Einfamilienhäuser mit hohen Mauern und Hecken das Ufer und verhindern damit für Aussenstehende jeglichen Zugang zum Wasser. Eigentlich schade ...

Auch heute geht es zum Schlafen nach Hause.

Le Landeron - Tannenhof - La Sauge - Mont Vully - Sugiez - Murten

Die Bahn bringt mich wieder nach Le Landeron. Es regnet ohne Unterlass - ein perfekter Tag, um meinen Spezialponcho zu testen. Er hat anders als ein konventioneller Poncho eine Kapuze und zwei Ärmel. Er ist vorne offen und er ist lang und weit genug, um auch gleich noch meinen Rucksack zu bedecken. Meine Frau hat ihn mir nach einer Anleitung, die wir auf backpackinglight gefunden haben, selber genäht.

Ich mag das teil: Es ist superleicht, hält den Regen und den Wind ab und ist so gut belüftet, dass man darin wesentlich weniger schwitzt als in einer konventionellen Jacke. Das führt dann fast zwangsläufig zu dem uralten Witz in Bezug auf atmungsaktive Kleidung: Wenn nur noch deine Kleider atmungsaktiv sind, dann bist du ja vielleicht schon tot? Doch sei es wie es sei: Das gleichmässige Pladdern des Regens auf meinem Spezialponcho hat etwas ungemein Beruhigendes, und ich fühle mich darin geborgen wie in einem grossen Zelt. So gut geschützt geniesse ich das Studium der Wasseroberfläche im Zihlkanal, auf der die ohne Unterlass herabfallenden Tropfen immer wieder neue und interessante Muster malen. Und es kommt nicht von ugefähr, dass sich nebst mir nur noch zwei einsame Kutschenfahrer und Schnecken sonder Zahl jetzt noch draussen tummeln.

Der nasse Wald hat etwas Geheimnisvolles, das nur ab und zu von den wirklich lästigen und in Scharen meine nackten beine angreifenden Mückenschwärmen gestört wird. Picknick gibt es unter der Brücke von La Sauge, wo ich ein trockenes Plätzchen finde. Der kurz darauf folgende Anstieg zum Mont Vully erweist sich wegen des nach wie vor anhaltenden Regens als stellenweise glatt und sehr rutschig.

Nicht zuletzt wegebn der tief hängenden Wolken ist auch die sonst von hier oben grossartige Aussicht auf den Neuenburger und etwas später auf den Murtensee heute doch eher bescheiden. Ich wundere mich deshalb vor allem über die kleinen Dinge, wie etwa die Einfamilienhäuser, die direkt an der Hangkante stehen und die offenbar von den dort wohnenden jungen Frauen nur mit grossen Geländewagen über kleine Strassen vom Mont Vully her zu erreichen sind, aber auch über die unwahrscheinlich blaue Farbe des Ähren tragenden Getreides am Wegrand.

Nach einem steilen Abstieg auf einem extrem rutschigen Weglein komme ich auf die Betonstrasse durch die Rebberge oberhalb von Vully. Hier fliesst das Wasser am Strassenrand so reichlich, dass ich mir damit problemlos den Dreck vom Sturz im glitschigen Dreck abwaschen kann. Hochwillkommen ist dann die Bäckerei in Sugiez, wo es einen Platz im Trockenen, kostenlos einen warmen Tee und zudem ein Stück heisse Pizza gibt. Danke für die freundliche Gastfreundschaft. Ich habe sie sehr genossen!

Die restlichen paar Kilometer bis Murten kenne ich bereits vom Trans Swiss Trail. Ich finde die langen Geraden durch den geschlossenen Wald auch heute nicht besonders inspirierend. Für etwas Abwechslung sorgt eine Entenmama, die ihre acht Kleinen schnell aufs Wasser und damit in Sicherheit bringt.

Aber dann bin ich endlich da: Nach zweiunddreissig Kilometern im strömenden Regen komme ich endlich in Murten an. Auf der Hauptgasse herrscht starker Autoverkehr, es ist kaum möglich, auf dieser Strasse zu gehen. Zudem sind beide Seiten dieser Strasse total mit Autos zugestellt. Die schöne historische Architektur des Städtchens geht dadurch völlig unter. Eigentlich schade, finde ich ...

Murten - Cressier - Courtepin - Givisiez - Fribourg

Zu Beginn dieser mit knapp zwanzig Kilometern eher recht kurzen Etappe nieselt es nur noch ganz leicht. Der Regen hört aber bald auf und macht trockenem Wetter Platz. Die heftigen Niederschläge der vergangenen Tage habe ihre Spuren hinterlassen. Es ist immer noch sehr nass und auf dem Wanderweg hat es oft tiefe Pfützen.

Der heutige Tag ist geprägt von extremen Unterschieden. Vom zu Beginn starken Verkehr in Murten geht es recht schnell hinaus aufs Land. Idyllisch präsentiert sich das Tal der Biberen, bis mit Courtepin ein Ort folgt, der nur auf der stark befahrenen Hauptstrasse durchwandert werden kann. Über einen Hügel und durch einen grossen Wald komme ich dann nach La Corbaz, wo es mit 14% auf einer Teerstrasse zuerst steil hinunter und dannmit mässigem Gefälle durch die Einfamileinhaussiedlung von Sonnaz geht. Die Architektur hier ist grauslich: Konventionelle Häuser mit Sattel- oder Walmdächern wechseln sich mit kubischen Betonbauten mit Schräg- oder Flachdach ab. Ohen Auto geht hier gar nichts, ich sehe im Ort weder eine Einkaufsmöglichkeit noch eine Gastwirtschaft. Ein Musterbeispiel dafür, wie man mit unreguliertem Bauen eine Gegend wahrhaft verschandeln und ein hohes Verkehrsaufkommen fördern kann. Schade um die schöne Lage.

An einer kleinen Kapelle vorbei und nochmals durch den Wald - hier hört man wieder einmal nur das singen der Vögel - erreiche ich La Faye und Givisiez und damit die ersten Vororte von Freiburg. Auch hier wurde gebaut, was das Zeug hält, und auch hier ist das Ergebnis nicht wirklich überzeugend. Der Slogan "Givisiez - Une bonne Idée" erscheint mir in Anbetracht des Gebotenen dann doch eher etwas gesucht.

Der Wanderweg führt nun zuerst der Autobahn entlang - die Hektik und der Lärm sind wirklich beeindruckend - und dann durch ein Industriequartier, bis man auf die grosse Einfallstrasse Route du Jura nach Freiburg und auf die daran anschliessende Avenue Louis Weck-Reynold gelangt, die mich schliesslich zum Bahnhof bringt.

Aber nun freue ich mich wirklich auf die nun folgenden etwas ländlicheren Etappen!

Fribourg - Marly - St. Silvester - Chrüzflue - Crau - Cousimbert

Nach einem längeren Unterbruch wegen des miserablen Wetters im Sommer 2014 - ich glaube, der war an einem Donnerstag - sind wir wieder unterwegs. Wir hoffen, in vier Tagen in Rougemont im Saanenland anzukommen.

Wir haben etwas Mühe, den Zugang zur Treppe von der Oberen Altstadt in die Untere Altstadt zu finden, benutzen wir dafür das Seilbähnchen. Es wird ganz "un-überriechbar" mit den Abwässern der Stadt Freiburg betrieben. Der oben mit (Verzeihung ...  Scheisse) gefüllte Tank macht das obere Wägelchen schwer genug, um das untere Wägelchen an einem oben umgelenkten Drahtseil hinauf und damit zur Bergstation zu ziehen. Das ist doch mal ein kreativer Umgang mit Ausscheidungen!

Unten angelangt beeindruckt uns die alte Brücke über die Saane genau so wir der grosse historische Platz mit den schönen und auch sehr schön restaurierten Gebäuden. An dem der Stadt gegenüber auf einem Hügel liegenden Kloster vorbei kommen wir schnell in den Wald, in dem ab und zu eine feine Villa zu sehen ist. Hier finden wir auch ein Strassenschild, das die Sprachgrenze deutlich aufzeigt: In einem schönen Mix aus Französisch und Deutsch steht hier "Chemin du Breitfeld" angeschrieben. Etwas weniger gefällt uns dann der Weg durch Marly. Auch hier stehen, wie schon zuvor in diesem Kanton (Freiburg) festgestellt - unterschiedlichste Einfamilienhäuser wild durcheinander. Es ist kaum einmal ein Mensch zu sehen, und die Quartiere wirken an einem Wochentag völlig ausgestorben und tot. Es sind hier allerdings auch einige wenige neue Ansätze zu verdichteter Bauweise zu erkennen.

Wir freuen uns deshalb, nach einem kurzen Stück auf der sehr stark befahrenen Hauptstrasse durch Marly an der Aergera anzukommen. Ab hier folgt der Wanderweg dem Bach in stetigem Auf und Ab in südwestlicher Richtung. Das Bett der Aergera ist breit, und es ist unschwer zu sehen, dass er zuweilen auch sehr viel Wasser führt, das Schwemmholz und Geschiebe mit sich bringt. Dass dem so sein muss, sieht man bei Stersmühle, wo Kies aus dem Bach gewonnen wird. Hier überqueren wir die Aergera und folgen dem kleinen Strässchen hinauf nach Buech. Auch hier ist eine der offenbar im Kanton Freiburg so beliebten Einfamilienhaussiedlungen im Grünen zu finden. Diese Siedlungen bestehen aus Häusern der unterschiedlichsten Stilrichtungen. Vom Protzbau mit einer Garage, die nahezu so gross ist wie das Haus daneben, bis zum kubischen "Neue Moderne Architektur" Würfel ist hier alles zu sehen. Was allerdings fehlt, ist eine gewachsene Struktur, ein zentraler Treffpunkt und natürlich auch jede Infrastruktur. Ohne Auto geht hier offensichtlich gar nichts. Ob der Kanton Freiburg wohl ein Raumplanungsgesetz und griffige Bauvorschriften hat? Die extreme Zersiedelung des ländlichen Raums rund um Freiburg spricht eher dagegen ...

Doch wenden wir uns etwas Erfreulicherem zu. Kurz nach St. Silvester beginnt der Anstieg hinauf zum Chäseberg. Wegen eines in die falsche Richtung gedrehten Wanderwegweisers - er wurde inzwischen wieder in die richtige Richtung gedreht - stolpern wir Hang aufwärts durch eine von weidenden Kühen völlig durchlöcherte Wiese auf der Suche nach dem Wanderweg weiter oben im Wald.  Nach einem kurzen weglosen Stück durch diesen finden wir ihn aber dann doch - GPS sei Dank. Der anschliessende Anstieg zur Chrüzflue hat es in sich. Es geht hier über viele Treppenstufen und mit bis zu 25% Steigung bergauf. Oben angelangt entschädigt der weite Ausblick zurück nach Norden. Die Hinweisschilder " Fussweg nicht verlassen - Gefahr!" sollte man wirklich beachten - rechts vom Weg geht es nämlich senkrecht hinunter, und zwar nicht allzu knapp. Dem stetig ansteigenden Gratweg folgend kommen wir nach Crau. Der Parkplatz neben der geöffnetten Buvette und die vielen alten Leute mit eher leichtem Schuhwerk zeigen, dass man bis hierher auch mit dem Auto fahren kann. Das Geräusch des andauernd brummenden Generators hinter dem Haus bewegt uns allerdings dazu, hier nicht einzukehren, sondern gleich weiter zu wandern. Nach einer weiteren Stunde erreichen wir auf dem stetig ansteigenden breiten Kiesweg unser Tagesziel Chäseberg.

Hier warten ein schönes Zimmer und ein gutes Nachtessen auf uns. Die Aussicht nach Osten und Westen ist wirklich beeindruckend, und der Wirt sorgt mit seiner auf dem Alphorn dargebotenen Weise "Ode an die Freude" für die richtige Stimmung zum Sonnenuntergang.

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