Juni, Juli 2015 - Therese und Ruedi Anneler, Büren an der Aare, Schweiz
Zur Einstimmung erst einmal ein Bild vom dritten Tag an der Ostsee und etwas Musik ...
Musik "Ruhige See"
Instrumental
Für nahezu ein halbes Jahrhundert teilte der Eiserne Vorhang Europa
gewaltsam in Ost und West. Diese Teilung des Kontinents mit dem Fahrrad
im wahrsten Sinne des Wortes "erfahrbar" zu machen, ist das Ziel des
europäischen Radwanderwegs Iron Curtain Trail. Dieser verbindet die Barentsee im Norden mit dem Schwarzen
Meer im Süden.
Er führt durch die Länder Norwegen, Finnland, Russland,
Estland, Lettland, Litauen, Polen, Deutschland, Oesterreich,
Slowakei, Ungarn, Slowenine, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien,
Mazedoninen, Griechenland und die Türkei. Die Gesamtlänge beträgt um die 10'400 Kilometer.
Wir befahren davon den durch Deutschland führenden Teil, der den Namen Grünes Band trägt.
Nach der Anreise per Bahn starten wir in Stralsund. Wir folgen der Ostseeküste bis kurz vor Lübeck und wenden uns dann nach Süden. Immer an der sich an den Ländergrenzen orientierenden ehemaligen Grenze entlang radeln wir bis zum ehemaligen Dreiländereck (Westdeutschalnd, DDR, Tschechien) und von dort nach Hof. Ab hier geht es per Bahn zurück in die Schweiz.
Wir haben sie lange vor uns hergeschoben, unsere Radreise auf dem Grünen Band entlang einem kleinen Abschnitt des ehemaligen eisernen Vorhangs. Aber jetzt ist es soweit.
Mit mittlerweile nahezu 70 Altersjahren wollen wir uns noch einmal an einer neuen Herausforderung versuchen.
Auf gehts!
Die Routenplanung ist das Wichtigste. Wir haben keine Ahnung, wie weit wir überhaupt in den mal ganz grob vorgesehenen ungefähr drei Wochen kommen werden. Wir brauchen dazu nicht nur den Routenverlauf, sondern auch Höhenprofile davon. Die fehlen im Führer von Esterbauer. Obwohl wir dieses Projekt schon seit 2012 vor uns hergeschoben haben, ist es uns nicht gelungen, GPS-Tracks mit Höhenangaben zu finden. Deshalb zeichnen wir die Tracks selbst, anhand des Führers von Esterbauer auf der Garmin Karte Topo Deutschland. Als Nächstes installieren wir die ausgezeichneten Karten von kowoma und die Garmin Karte City Navigator Europe 2015.4 auf unserem Laptop Computer. Beide sind uns unterwegs von grossem Nutzen.
Einmal mehr werden wir unsere bewährten Reiseräder Pioneer von Van Nicholas verwenden. Sie sind für dieses Vorhaben perfekt geeignet mit Rohloff Schaltungen, hydraulischen Magura Felgen-Bremsen, Gepäckträgern von Tubus und einer Bereifung von 26x1.5 Zoll.
Die Bahntickets für die Reise von Basel nach Hamburg kaufen wir im Internet. Das ist bei
frühzeitigem Kauf sehr günstig - es kostet erster Klasse für
zwei Personen und zwei Fahrräder gerade mal EUR 170.-. Das schliesst die Platzreservation für die Sitzplätze, die beiden Fahrräder und alle Tickets mit ein. Es ist zu beachten, dass die
Fahrradreservation und der Kauf der für die Fahrräder erforderlichen
Karten nur dann möglich ist, wenn die gesamte Reisestrecke innerhalb von
Deutschland verläuft. Wir buchen deshalb Basel Badischer Bahnhof bis
Hamburg Hauptbahnhof.
Die Fahrkarten für die Weiterreise von Hamburg nach Stralsund -
ebenfalls mit der Bahn - werden wir in Hamburg kaufen. Auch diese Reise mit dem Spezialticket für
Mecklenburg-Vorpommern erwies sich als extrem günstig. Fahrräder können in den Regional-Express Zügen - sofern es Platz hat - ohne Reservation mitgenommen werden.
In wasserdichten Säcken verstaute Kleidung für jedes Wetter von kalt und nass bis heiss und trocken, ein kleiner Tagesvorrat an Ess- und Trinkbarem für unterwegs, etwas Werkzeug und Ersatzteile, Reiseführer, Karten, Pässe, Fahrscheine, zwei kleine Kameras, ein Laptop Computer und ein Garmin Oregon 550t vervollständigen unsere Ausrüstung. Wir verteilen das Gewicht wie immer auf vier (nicht vollen) Packtaschen pro Rad - man fährt so viel besser bergauf als nur mit zweien. Alles, was sofort greifbar sein soll, kommt in die wasserdichte Lenkertasche.
Was uns am Besten gefallen hat, ist die Möglichkeit, nahezu die gesamte Strecke nicht nur abseits des Verkehrs, sondern meistens sogar frei von dessen Lärm durch die Natur radeln zu können. Wir haben unterwegs sehr viele wildlebende Tiere gesehen, waren aber oft zum Fotografieren zu langsam. Aber dass wir einmal bis auf einen Meter an einen Fuchs herankamen, der einen frisch erlegten Hasen schleppte und uns nicht kommen hörte, war schon recht aussergewöhnlich.
Es ist eindrücklich zu sehen, welch ein Aufwand seinerzeit von der DDR getrieben wurde, um ihre eigenen Bürger im Land zu halten. Die dazu erforderliche kleinkarierte bürokratische Bosheit ist manchenorts spürbar und uns nach wie vor völlig unverständlich. Interessant waren auch die Gespräche mit ehemaligen Bewohnern der beiden Seiten der Grenzzone.
Was uns am Wenigsten gefiel, waren die schnurgeraden und doch eher reizarmen Radwege auf oder an den Dämmen an der Ostsee oder entlang der Elbe.
Die von uns befahrene Route bietet einige Herausforderungen
Obwohl wir anfangs nicht viel davon gehalten haben, sind uns die
Deutschen Radwege im Laufe dieser Reise immer sympathischer geworden.
Die meisten von ihnen sind in gutem bis sehr gutem Zustand, und sie
ermöglichen entspanntes Radeln mit einer minimalen Gefährdung durch den
motorisierten Verkehr, vor allem dann, wenn sie entlang von stark
befahrenen Strassen verlaufen.
Danke an alle, die dazu beigetragen
haben, Deutschland für Radler sicherer zu machen!